Dienstag, den 15. Januar 2013
Wir werden verarscht!
Wir werden verarscht, DU ARROGANTES ARSCHLOCH, Verrohung und Verarmung einer ehemaligen Kultursprache und welche Langeweile davon ausgeht!
Überhaupt nichts gegen Kraftausdrücke, und wie diese dem, der sie gebraucht, gut tun, ihn ein bisschen befreien können von seinen Abneigungen. Das macht Spaß, echt, es auf GUT DEUTSCH zu sagen. Wenn es denn nicht immer dieselben Ausdrücke wären, wenn denn da nicht eine so schreckliche Monotonie aufkäme, so dass man von Ausdrucksarmut, Wirkungslosigkeit, ja vom Ende einer sinnvollen Kultursprache reden muss. Jetzt mal konkret. Früher, als man noch den Reichtum unseres mitteleuropäischen Idioms genoss, vermochte man das Versagen oder die ekelhafte Haltung eines unsympathischen Mitmenschen u. a. wie folgt bezeichnen:
Ein Tölpel, ein Gimpel, ein Tolpatsch, eine fiese Möpp, ein Idiot, eine Flachzange, ein Dünnbrettbohrer, eine Pfeife, eine Flasche, ein Dreckskerl, ein Schweinehund, ein Scheißtyp, eine Pflaume, eine Lusche, eine Nullnummer … Euch fällt sicher noch viel mehr ein. Heute ist so ein Mensch immer nur ein ARSCHLOCH, jede bessere junge Dame gebraucht dies Wort jeden Tag ein halbes Dutzend Mal und fühlt sich damit gegenüber einer bestimmten Männerwelt emanzipiert. Erkennt man dem Beschimpften trotz allem eine gewisse Intelligenz zu, steigert man ihn zu einem ARROGANTEN ARSCHLOCH. Darauf hat etwa der Kanzlerkandidat Anspruch. Hat er aber was davon!
Könnten wir nicht endlich versuchen, sprachlich und menschlich wieder ein bisschen zu differenzieren, ehe wir alle zu einem EINZIG VOLK VON ARSCHLÖCHERN werden, was wir für viele Fremde wohl auch sind, aber das muss ja nicht sein! Das Fatale ist: Zu ARSCHLOCH gehört ein neues Verb, das dem ARSCH, DIESER GEISTIGEN GRUNDLAGE DES WELTVOKABULARS, noch die entsprechende Tätigkeit beigesellt. Ihr habt es erraten. Denn ihr werdet täglich VERARSCHT und Ihr VERARSCHT Eurerseits Eure Umgebung.
Du wirst lachen, aber früher wurde jemandem ein Bär aufgebunden, ein Märchen erzählt, jemand wurde hinter’s Licht geführt, abgekocht, ein x für ein U vorgemacht, auch veräppelt und verscheißert wurde er oder sie oder wer immer, er oder sie wurde ganz einfach beschissen, betrogen, über den Tisch gezogen, warum denn nicht mal getäuscht, soll es ja eigentlich bedeuten.
Aber heute: „Willst Du mich verarschen?“. „Du verarscht mich doch“. „Sie verarschen uns mit dem Flughafen, mit der Rente, mit der Energiekrise“. „Hör auf mich zu verarschen“. “Ich lasse mich nicht verarschen“. „ Ahmad din ed Dschad verarscht uns doch nur, der hat gar keine Atomwaffen!“ Vielleicht ist das Ganze zu persönlich und zu Beginn dieses 2o13 als SPRACHGLOSSE etwas überraschend und nicht jedermanns Sache.
Vielleicht aber doch: „Liebe Mitmenschen, betrügt mich, belügt mich, bescheißt mich und führt mich hinter’s Licht, wenn Ihr’s nicht besser könnt, aber BITTE VERARSCHT MICH NICHT MEHR! Und behauptet nicht mehr, ich täte das mit Euch! Und bezeichnet mich meinetwegen als widerliche Sau oder Vollidioten, als charakterlos und intrigant (was für ein schmeichelhaftes Wort!), aber doch nicht immer nur als ARSCHLOCH. Denn das sind wir alle, ständig, da kommt man sich wie ein Durchschnittswesen vor und wer will das schon sein?
Lasst Euch das doch mal durch den Kopf gehen, nicht dass ich glaube, dass meine Observationen generell unverzichtbar sind, sondern weil ich der Überzeugung bin. Wir sollten weniger ARSCHLÖCHER sein und uns nicht dauernd VERARSCHEN. Wir müssen mal eine ungeheuer reiche Sprache gehabt haben. Spürt wieder ihre Kraft! Sie muss auch nicht so monoton sein, wenn sie ordinär sein möchte.
Das könnte man schon mit Schülern üben. Streitgespräche in denen nicht sekündlich ARSCHLOCH und VERARSCHEN rauskommen. Nee, das wär’s schon, was ich sagen wollte. Und FROHES NEUES JAHR für Euch alle, liebe Erdenbürger, liebe Tiere, liebe Pflanzen und auch für unseren Klaus Wowereit, der unbeirrt der siegreichen Eröffnung unseres Flughafens entgegensieht! Und uns garantiert nie VERARSCHT hat!