Freitag, den 26. Oktober 2012
Mon cher LANCE!
Ich schreibe Dir als treuer Fan, denn alle haben sie Dich verlassen, die gierigen Sponsoren, die Kumpels, die sich mit Deiner Hilfe gut ernährten, die Scheiß-UCI, unsagbare Arschlöcher von Funktionären, die, wenn sie nur einen Funken Ehrgefühl hätten, sich nun kollektiv erschießen müßten, beziehungsweise sie sollten sich in GEMEINSAMEM HARAKIRI ‑SEPPULCO genannt- das strohgefüllte Haupt abschlagen, in einer Reihe hockend. Der Erste schlitzt sich den Bauch auf, der NACHBAR HAUT IHM DIE OMME WEG und immer so weiter, bis dem Letzten nur sein Kopf bliebe. Dann dürfte etwa EDDY MERKX auftreten und diesen UGLY HEAD vom Rest des Körpers trennen. Und dann sollten den DREI GROSSEN ARMSTRONGS in der Welt, und Dir alleine, vor dem ARC DE TRIOMPHE und im Angesicht des GRAN CANYON beispielsweise Standbilder errichtet werden, zu denen wir leidenschaftliche Radfahrer hin pilgern könnten, um dich ehrfürchtig zu betrachten und wo wir einen wahren Kult um Dich entfesseln würden.
Darf man nicht sein Kind fortan ARMSTRONG nennen dürfen? Erst einmal LOUIS ARMSTRONG, jener wunderbare JAZZTROMPETER, unser aller SATCHMO, der so grossartig meist in B‑Dur spielte, dass wir netterweise selbst seinen Gesang himmlisch fanden. Dann NEIL ARMSTRONG, wunderbarer Astronaut und erster Mondbetreter, den als Freund oder Bekannten zu haben, aber hallo! Schließlich Du, LANCE, den wir LANCELOT hätten taufen müssen, wie jenen hehren Artusritter aus grauer Vorzeit.
Jetzt haben Dir die Schweine alle Titel gestohlen, die Du Dir so wunderbar unehrlich verdient hast. DOPING gab es immer, aber wie gefährlich, wie verbrecherisch war das? Und total lebensgefährlich! TOM SIMPSON verendete gedopt in den Pyrenäen, FAUSTO COPPI starb an einer mysteriösen Infektionskrankheit, LOUISON BOBET, der einen Pilotenschein besass und als Selbstflieger zu seinen siegreichen Auftritten huschte, war eine Zeit lang so verwirrt, dass er sich regelmäßig verirrte. Bevor er dann doch noch nach Dänemark zur WM kam, landete er tatsächlich in Holland, toute la France fragte sich damals, wie einer sich so verfliegen konnte. Voltaire hat zwar mal gesagt, Franzosen hätten keine Ahnung von Geografie, aber sich so zu verfranzen, das ist schon komisch. BERNARD HINAULT erklärte in einer Rundfunksendung, wohin ein gallischer Radiokumpel mich mitnahm, ganz kalt etwa dieses: “Wer bloß als Tourist rauffährt nach ALPE D’HUEZ und dann behauptet, er hätte vorher keinen Medikamentenmißbrauch betrieben, ist von unerträglicher Naivität“. BERNARD HINAULT war übrigens nicht naiv, denn auf seinen sechsten Toursieg verzichtete er, als er sich von seinem amerikanischen Freund GREG LEMOND ganz offensichtlich besiegen ließ, mit ihm Hand in Hand über die Berge fuhr. Das alles bloss, um französische Räder in USA zu verkaufen. Danach stürmte er in der KALIFORNIENRUNDFAHRT wieder allen davon.
Hinault wußte, dass alle dopen, wie sollte man derartige Strapazen sonst aushalten? Dass Geniale an LANCELOT ARMSTRONG ist eben: Er machte das Doping erfolgreich und sozusagen gesund mit den schönen Blutbeuteln und Spritzen. Und niemand vermochte es ihm nachzuweisen. Hier muß allerdings auch Lancens Zusammenarbeit mit dem wunderbaren hispanischen Mediziner EUFEMIANO FUENTES erwähnt werden, der heute, als spanischer GESUNDHEITSMINISTER etwa, das arme Land wirklich retten könnte. Er würde die gebeutelten Madrilenos so spritzen, dass die ihre Immobilienkrise, den Abstieg von Real Madrid, und die Schelte von draußen überstünden und wieder stolze Spanier sein würden. Mittlerweile heulen die espanoles ja schon rum wie verliebte Portugiesen, die die ganze Scheiße wesentlich männlicher tragen als die iberischen Weicheier unserer Tage. Eufemiano Fuentes wäre Spaniens Heiland, so wie der großartige LANCE ARMSTRONG den Radsport gesund und ungefährlich gemacht hat.
Sein persönliches Handicap war der Hodenkrebs. Dagegen half EPO. Und wogegen konnte EPO denn noch helfen? Phantastisch! EUFEMIANO und LANCE verdienten einen gemeinsamen Nobelpreis für Medizin. Lancens NÄHMASCHINENTRITT in den Bergen, Symbol für den die Natur eindrucksvoll besiegenden homo sapiens. Alle haben betrogen, die Zweiten und Dritten zwischen 1999 und 2oo5 als neue Sieger einzusetzen, ist so etwas von lächerlich. Jan Ulrich will seine drei möglichen TRIUMPHE gar nicht haben. Alle bescheißen, aber LANCE ARMSTRONG tut es am Perfektesten, also ist er der größte Radrennfahrer aller Zeiten. Er kann ja in einer unsagbar noblen Geste ein paar Tagesprämien aus den vergangenen Touren den Letzten im Klassement spenden, um die ein bißchen zu ermuntern, etwas mehr für den Erfolg zu tun. Gegen Rabatt! Aber sonst gilt er mir als der bedeutendste Mann, der je ein Fahrrad getreten hat. Und wenn nur ein Freund noch bleibt, dear Lance, dann werde ich das sein. Das hat Victor Hugo mal an ganz anderer Stelle gesagt: ET S’IL N’EN RESTE QU’UN JE SERAI CELUI-LÀ. Hey Lance, noch was für Dich. Da gab es einen Typ namens LESSING bei uns und der schrieb eine eher fade Komödie, MINNA VON BARNHELM. Darin tritt ein Hochstapler auf namens RICCAUT und die braven Teutonen werfen dem kleine Täuschereien und Schummeleien vor. Da antwortet der cool: NICHT BETRÜGEN, DAS HEIßT CORRIGER LA FORTUNE!
Du hast das Glück so etwas von korrigiert, verehrter Lance. Wenn Du mal in der Gegend bist, komm mal vorbei, vielleicht gelte ich dann langsam als Dein letzter Verehrer! Ich wäre unheimlich geschmeichelt. Vielleicht gibst Du mir bei der Gelegenheit ein paar Tips für meinen Hometrainer, denn dazu habe ich immer weniger Lust. So long, Lance… with my respect, my admiration and my sympathie!
Das wird Dir jetzt nicht so viel sagen… sincerely Your’s for eternity! LOTHAR!